Liebe Patinnen und Paten, liebe Freunde von Malika Vision,
unlängst fanden im Senegal die Wahlen zur Nationalversammlung statt. Am Wahlabend erklärten sich die beiden größten Parteien zu Wahlsiegern. Dem Vernehmen nach soll es zu Bestechungen von Macky Salls Partei gekommen sein, sie hat nun wieder die absolute Mehrheit. 2024 stehen die nächsten Präsidentschaftswahlen an. Macky Sall hat erklärt, dass er eine weitere Amtszeit anstrebt, obwohl die senegalesische Verfassung nur zwei Amtszeiten für einen Präsidenten vorsieht. Es ist davon auszugehen, dass die Verfassung zugunsten Macky Salls entsprechend geändert wird.
Nach den Wahlen zur Nationalversammlung kam es zu Unruhen, dabei kamen auch Menschen zu Tode.
Die Regenzeit tut ihr übriges, um die Frustration der Bürger weiter zu schüren. In der Hauptstadt Dakar kam es teilweise zu solch starken Überschwemmungen, dass die Menschen nur noch per Boot ihr Zuhause verlassen konnten. Auch in Malika sind die Zustände teilweise katastrophal.
Die Überschwemmungen sind eine Folge der Klimaveränderung; die senegalesische Regierung hat es aber versäumt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Wassermassen gezielt zu lenken, so dass die Bevölkerung in der Trockenzeit auf Wasserreserven zurückgreifen kann.
Letztes Wochenende sind allein in Dakar drei Menschen ertrunken.
In meinem letzten Brief habe ich euch/Ihnen mitgeteilt, dass Mamadou Gayes Mutter gestorben ist. Ich bin überwältigt von eurer/Ihrer Anteilnahme an seinem und seines kleinen Bruders Schicksal. Malika Vision hat Spenden erhalten, es haben sich auch mehrere Personen bereit erklärt, ihn als Patenkind zu übernehmen. Die beiden Buben leben seit dem jähen Tod ihrer Mutter bei ihrer Tante. Nun hat die Familie des Vaters (die Eltern waren seit längerem getrennt) beschlossen, die Buben zu sich zu nehmen.
In der archaischen Gesellschaft Senegals gilt es als unschicklich, wenn größere Buben bei Frauen aufwachsen. Dabei ist es unerheblich, dass die beiden Kinder bislang in der Großfamilie der Mutter in Dakar gelebt haben. Die Familie des Vaters bestimmt nach dem Tod der Mutter über das weitere Schicksal der Buben. Mamadou und sein kleiner Bruder werden aus ihrer bisherigen Umgebung gerissen und müssen sich in einem für sie fremden Stadtviertel mit ihnen nicht vertrauten Personen zurechtfinden. Leider werden sie auch die Schule Les Petits Génies nicht mehr besuchen können.
Abdoulaye, eines unserer kleinen Patenkinder aus Dakar, ist von dem gleichen Schicksal bedroht. Mincady versucht, Abdoulayes Mutter moralisch und wenn möglich auch finanziell so weit zu unterstützen, dass der kleine Bub in seiner Umgebung und in der ihm vertrauten Schule bleiben kann.
Leider müssen wir uns damit abfinden, dass immer wieder Kinder die Schule verlassen.
Umso schöner ist es, dass Binta ihre Ausbildung im Restaurantfach erfolgreich abgeschlossen hat.
Ich habe die letzte Zeit genützt, um mir im Selbststudium Wolof (Wolof ist die Muttersprache der Kinder unseres Projekts) beizubringen. Wenn ich am 5. Oktober in den Senegal fliege, werde ich in der Lage sein, zumindest einfache Gespräche mit unseren Familien zu führen. Ich freue mich sehr auf ein Wiedersehen nach langer Pandemiepause.
Falls eine Patin/ein Pate noch einen Brief an sein Kind verfassen möchte, bitte ich um baldige Übersendung. Über Briefe in französischer Sprache freue ich mich sehr, Mincady übersetzt sie dann vor Ort, deutsche Briefe übertrage ich selbst ins Französische.
Herzliche Grüße
Sabine Leibl
1. Vorstand Malika Vision e.V.
Bislang habe ich nur die Liste mit den Schulgebühren für die Kinder aus Malika erhalten. Die Schule Les Petits Génies in Dakar ist noch geschlossen. Ich melde mich bei den Paten, sobald mir die noch fehlenden Unterlagen vorliegen.
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