Dakar Senegal

Schwere Unruhen im Senegal

Liebe Patinnen und Paten, liebe Freunde von Malika Vision,

der politische Gegner des derzeitigen Staatspräsidenten Macky Sall, Ousmane Sonko, wurde am 1. Juni 2023 wegen Verführung Jugendlicher zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Damit steht seine aussichtsreiche Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten in Frage. Die Wahlen finden im Februar 2024 statt. Der ursprüngliche Tatbestand des sexuellen Missbrauchs wurde fallengelassen, einen solchen sah das Gericht als nicht nachgewiesen an.

Am Abend nach der Verurteilung kam es zu schweren Ausschreitungen vor allem in der Hauptstadt. Die jungen Leute, für die Ousmane Sonko eine große Hoffnung ist, zündeten Autoreifen und Busse an, verbarrikadierten Straßen. Es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen Studenten und Polizei in der Anta-Diop-Universität. Ab Freitag kam der öffentliche und private Verkehr zum Erliegen, Geschäfte und Restaurants blieben geschlossen. Die Regierung blockierte das Internet, um „subversive Aktionen“ zu unterbinden.

Bis Montag waren 16 Tote zu beklagen. Die Senegalesen warteten vergeblich auf eine Ansprache Macky Salls zur Lage der Nation.

Dafür schaltete sich der Kalif der Mouriden, der größten und einflussreichsten Bruderschaft Senegals, ein. Er bat Sonko und Sall zum Gespräch in Touba, dem religiösen Zentrum der Mouriden. Sall sagte zu, dem Treffen beizuwohnen, allerdings unter der Bedingung, dass Sonko polizeilich vorgeführt werde. Sonko lehnte den Polizeitransport ab, da nach seiner Ansicht das Urteil politisch motiviert ist. Die Vermittlungsbemühungen des Kalifen dauern an.

Inzwischen hat der senegalesische Tourismusminister vor den Folgen der politischen Instabilität gewarnt. Im Sine-Saloum-Delta, einem touristisch erschlossenen Naturschutzgebiet, wurden bereits 90% der Buchungen storniert. Auch die Luxushotels in Dakar müssen sehr viele Absagen verkraften. Binta Sarr, unsere Absolventin im Restaurantfach, hat kürzlich eine Stelle in einem modernen Luxushotel in Dakar angetreten und muss nun um ihre Arbeit fürchten.

Die Nervosität im Land wird jeden Tag größer, denn es naht das Hammelfest (im Senegal Tabasko genannt), das wichtigste islamische Fest. Die Hammel kommen aus Mauretanien und Mali, doch für die Händler und Zwischenhändler ist der Weg nach Dakar noch zu riskant. Letzte Woche war auch die Rede von Engpässen bei Benzin und Öl, das zum Kochen benötigt wird.

Ich bin in großer Sorge um den Senegal, den ich seit meiner ersten Reise 2012 als friedliches und freundliches Land erlebt habe.

Herzliche Grüße

Sabine Leibl

1. Vorstand Malika Vision e.V.

Photo by Awa Aidara on Unsplash