Im November habe ich alle Patenfamilien besucht
Im Mai hatte ich die Idee, den besten Kindern aus der Straßenkinderschule die Möglichkeit zu geben, die private Aline Sitoe Diatta Schule zu besuchen. Elf Kinder haben die Aufnahmeprüfungen bestanden, die Schulgebühren übernehmen private Paten. Seit Oktober sind sie Schüler der Aline-Sitoe-Diatta-Schule. Im November habe ich alle Patenfamilien besucht. Dabei habe ich die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht.
Omar // Eine sehr schüchterne Familie. Der Vater empfängt uns oben ohne, die Mama ist sehr schüchtern und zurückhaltend. Die Eltern leben in einem kleinen, dunklen Zimmer. Sie sind sehr glücklich, dass ihr Sohn die neue Schule besuchen darf.
Fatou und Dial // Der Vater hat uns sehr herzlich empfangen, er war auch sehr zurückhaltend. Er arbeitet nicht und kann sich den Schulbesuch seiner Kinder nicht leisten. Die Mutter verkauft Kleinigkeiten auf dem Markt, um die Familie zu ernähren. Er betet für uns, weil wir seinen Kindern den Schulbesuch ermöglichen.
Manche Eltern verdienen sich ihren mageren Unterhalt auf der großen Müllhalde Dakars. Sie wühlen im Unrat nach Brauchbarem, das sich verkaufen lässt. Die Halde Mbeubeuss ist mehrere Quadratkilometer groß, überall ist Rauch, die Luft ist zum Schneiden. Dort lagert europäischer Luxusmüll.
Bouyas Großvater kenne ich schon seit Mai. Wir haben uns beide sehr über das Wiedersehen gefreut. Im Mai habe ich ihm Grundnahrungsmittel für einen Monat besorgt, Bouya ist schließlich mein Patenkind. Er und seine Frau kümmern sich um die Kinder seiner auf tragische Weise früh verstorbenen Tochter. Bouyas Großvater ist Lebou, er arbeitet als Fischer. Die Fischbestände sind allerdings drastisch zurückgegangen, seit chinesische Großfangflotten vor den Küsten Senegals fischen. Die Großmutter kocht in einer Schule.
Nogaye // Sie war heute nicht in der Schule, weil sie tags zuvor von der traditionellen Wallfahrt „Magal“ nach Touba zurückgekehrt ist. Sie war sehr schüchtern. Die Mutter hat dagegen geredet wie ein Buch. Sie hat mehrmals betont, dass sie für uns alle betet, die wir ihrer Tochter helfen, die Schule zu besuchen. Sie war sehr gerührt.
Alimatou // Wir werden im Innenhof empfangen. Dort laufen haufenweise Tiere herum. Ziegen, kleine Katzen, ein einziges Gewimmel. Der Vater und die Großmutter empfangen uns, er hat ebenfalls keine regelmäßige Arbeit. Er ist sehr froh, dass seine Tochter nun die Schule besuchen kann. Er begleitet uns noch bis zur Straße hinaus. Danach Besuch im Gesundheitsposten von Renken „Clinique Nelson Mandela“. Die Armen werden dort kostenlos behandelt, ein Arzt ist jeden Tag da, auch am Wochenende. Es gibt auch eine „sage femme“, eineE Hebamme. Ein Röntgengerät steht ebenfalls zur Verfügung.
Die Müllhalde
Auf der Suche nach Verwertbarem
Die Schule
Unterricht in der Aline Sitoe Diatta Schule
Mame Cheikh// Es empfängt uns die Tante des Buben, die Mutter kann sich nicht um das Kind kümmern. Sie dankt uns ununterbrochen, dass ihr Neffe nun die Schule besuchen kann. Sie ist eine sehr ernste, junge Frau. Fatou Mery und Binta Sarr. Wir treten ein, die Großmutter empfängt uns mit einem Schwall Wolof, der Landessprache Senegals, ich habe das Gefühl, wir kennen uns seit Ewigkeiten. Im Haus sind schon die beiden Mädchen, die Schule ist inzwischen aus. Der sehr junge Vater spricht sogar Französisch. Er erzählt uns, dass er Perkussionist ist. Die Großmutter überschüttet uns immer wieder mit herzlichen Worten. Sie tituliert uns mit „chérie“, was mich sehr amüsiert. Am Schluss begleitet sie uns noch bis auf die Straße. Einer von uns fragt, ob er auf die Toilette gehen kann. Binta erklärt ihm schüchtern, dass sie keine Toilette haben. Glücklicherweise habe ich es nicht gewagt, in einem der Häuser nach der Toilette zu fragen. Ich habe die wirklich appetitliche Toilette in der Krankenstation gewählt.
Cheikhou// Dieses Haus sieht nicht ganz so ärmlich aus wie viele andere. Ich vermute, dass die Mutter dort ein Zimmer gemietet hat und sich Küche und Toilette mit allen anderen Mitbewohnern teilt. Sie hat keine regelmäßige Arbeit, ihr Mann hat sie verlassen. Sie möchte uns gerne ihre Eheprobleme erzählen, aber Jules erklärt ihr, dass wir nicht gekommen sind, um sie in Eheangelegenheiten zu beraten. Sie sagt mehrmals, dass sie für uns betet, weil wir ihr helfen, dass ihr Sohn die Schule besuchen kann. Sie stellt mir danach noch ihre Freundin vor, die in der Nähe ihres Hauses einen kleinen Laden betreibt. Sie redet auf mich ein wie ein Buch, leider auf Wolof.
Nach meinem Besuch bei den Familien frage ich mich, wie die Kinder in der Atmosphäre zu Hause lernen sollen. Die Eltern sind Analphabeten und kämpfen ums Überleben. Ich nehme mir vor, darüber nachzudenken und zu versuchen, das Geld für eine Hausaufgabenbetreuung einmal pro Woche zu organisieren.
Alimatou
Bei Alimatou daheim
Mame Cheikh. Binta und Fatou Mery Mame Cheikh. Bei Mames Tante
Stilleben
Die Ziege mag Bouyas Opa